Fahrradfahren in Berlin Schnell und sicher ans Ziel
Neue Radrouten sollen die Berliner Außenbezirke besser mit der Innenstadt verbinden. Im Interview erläutert InfraVelo-Geschäftsführerin Katja Krause, welche Herausforderungen es noch zu meistern gilt.
Keine Parkplatzsuche, kein Ärger über hohe Benzinpreise und dazu noch Bewegung an der frischen Luft: Das Fahrrad ist für viele Berliner*innen das ideale Verkehrsmittel. Mit ihrem Mobilitätskonzept möchten Senat und Bezirke die Bedingungen für Fahrradfahrer*innen weiter verbessern, zum Beispiel mit breiten, teilweise durch Poller abgesicherten Radspuren. Auch mehr Fahrradständer soll es geben.
Katja Krause unterstützt die Politik bei der Umsetzung solcher Projekte. Sie ist Geschäftsführerin von InfraVelo, einer Tochtergesellschaft der landeseigenen Grün Berlin GmbH. Als Dienstleister und Partner für das Land Berlin plant das Unternehmen bezirksübergreifende Maßnahmen für eine bessere Radverkehrsinfrastruktur, darunter auch Radschnellverbindungen, die die Außenbezirke mit der Innenstadt verbinden sollen. Hallo Nachbar sprach mit der Bauingenieurin über den Fortschritt dieses beispielhaften Projektes, über Parkhäuser für Fahrräder und sichere Radwege.
Nur elf Prozent der Strecken werden in Deutschland mit dem Rad zurückgelegt. Wie kann diese Art der Fortbewegung attraktiver werden?
Katja Krause: Die Wahl des Verkehrsmittels ist eine zumeist rationale Entscheidung. Menschen wollen sicher, bequem und schnell an ihr Ziel gelangen. Auf gut ausgebauten und ausreichend breiten Radwegen kann das mit dem Rad erreicht werden. Dann entscheiden sich auch mehr Menschen für das zudem kostengünstige Fahrrad.
Was macht das Rad zu einem idealen Verkehrsmittel für die Stadt?
Mit dem Fahrrad ist man flexibler und man braucht weniger Raum. So gibt es mehr Platz für alle und weniger Stau, Lärm und Abgase. Mit guten Verbindungen ohne viele Knotenpunkte und mit bevorzugten Ampelregelungen hat man sogar auf längeren Strecken Vorteile gegenüber BVG und Auto. Außerdem tut jede*r sich etwas Gutes, denn Fahrradfahren stärkt die Gesundheit.
Mit welchen Maßnahmen lässt sich die Sicherheit von Fahrradfahrer*innen erhöhen?
Da gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, allen voran natürlich gut ausgebaute Radwege, die getrennt vom Autoverkehr geführt werden oder auf denen Radfahrer*innen Vorrang haben. Bei den Radschnellverbindungen, die wir derzeit für das Land Berlin planen, ist genau das unser Schwerpunkt. Sie werden in puncto Schnelligkeit, Sicherheit und Komfort eine echte Alternative zum Auto sein. Es ist aber wichtig zu wissen, dass sie keine „Fahrradautobahnen“ und auch nicht auf Rennrad- und Schnellfahrende ausgerichtet sind. Vielmehr geht es darum, attraktive Wege für Radfahrende im Alltagsverkehr zu schaffen.
Welche Vorteile bringen diese Wege neben der Schnelligkeit noch mit sich?
Sie sind vor allem im Alltagsverkehr besonders attraktiv: Mit einer Breite, die Überholen ermöglicht, kann man auf ihnen lange Strecken im städtischen Raum in kurzer Zeit zurücklegen. Dies vor allem dadurch, dass Haltezeiten an Knotenpunkten minimiert werden. Außerdem verlaufen Radschnellverbindungen vom Fußverkehr getrennt, sind gut beleuchtet und in der Regel asphaltiert. Die Belange der Anwohner*innen, die auf ein Auto angewiesen sind, können durch Fahrradstraßen berücksichtigt werden.
Auf welchen Strecken könnte es künftig Radschnellverbindungen geben und bis wann werden sie voraussichtlich fertig gestellt?
Für Berlin werden derzeit zehn mögliche Radschnellverbindungen untersucht. Sie verbinden die Außenbezirke mit dem Innenstadtbereich und sind über den gesamten Stadtraum verteilt. Die Planungen sind sehr komplex und wir beteiligen in verschiedenen Prozessschritten viele Akteur*innen aus Verwaltungen in den Bezirken und von Interessensverbänden. Eine verbindliche Aussage über die Fertigstellungen ist derzeit nicht möglich, denn die Genehmigungsverfahren sind umfangreich, aufwendig und noch nicht abgeschlossen.
Welche Herausforderungen gibt es bei der Planung und Umsetzung?
In einer Stadt wie Berlin sind große Projekte wie Radschnellverbindungen immer eine enorme Aufgabe. Es gibt viele unterschiedliche Interessen. Deshalb sind vor allem die Genehmigungsverfahren eine Herausforderung. Auch die Begründung für den Bedarf einer Radschnellverbindung ist nicht so einfach, denn bislang gibt es einfach zu wenig Verkehrsdaten für den Radverkehr. Außerdem benötigen auch andere Verkehrsgruppen Raum und es gibt gute Argumente auf allen Seiten. Auf Sonderwegen gibt es zudem wichtige Belange des Natur- und Artenschutzes, die wir zwingend beachten müssen und wollen. Auch die Versiegelung von Flächen muss angemessen ausgeglichen werden. Hierfür müssen wir im Nahbereich Möglichkeiten finden. Das ist sehr schwierig in einem dicht besiedelten Raum wie Berlin.
Durchschnittlich 60 Fahrräder werden in Berlin pro Tag als gestohlen gemeldet. Wie lässt sich diesem Problem begegnen?
Berlin braucht Abstellanlagen und auch größere Fahrradparkhäuser, um den Bedarf an Stellplätzen bis 2030 zu decken und so das Abstellen von Fahrrädern sicherer und bequemer zu machen. Das ist auch im Mobilitätsgesetz verankert und die Bezirke sind da bereits sehr aktiv. Bei infraVelo liegt der Schwerpunkt auf den ÖPNV-Stationen. Denn viele Bürger*innen wechseln dort das Verkehrsmittel und kombinieren ÖPNV und Rad. Wir haben hierzu alle S- und U-Bahnhöfe Berlins analysiert und auch Befragungen durchgeführt, um vor Ort ein Meinungsbild von Nutzer*innen aufzunehmen. Zu neuen Abstellanlagen gehören dann auch gesicherte Stellplätze, für die wir derzeit ein einheitliches Buchungs-, Zugangs- und Abrechnungssystem entwickeln. Es bietet Radfahrenden künftig einen einfachen, schnellen und flexiblen Zugang zu gesicherten Abstellmöglichkeiten in ganz Berlin. Technisch wäre es möglich, das System auch für Sammelschließanlagen an Wohnanlagen, öffentlichen Gebäuden wie etwa Schulen oder Sport- und Kultureinrichtungen zu nutzen.
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