Kiezspaziergang Mit Monika Herbst in Wilmersdorf
Ihr halbes Leben wohnt die gebürtige Berlinerin und GESOBAU-Mieterin Monika Herbst schon in Wilmersdorf. Auf einer Tour rund um die Eisenzahnstraße zeigt sie uns ihre Lieblingsecken zum Einkaufen, Sporttreiben und Flanieren.
Seit 2020 wohnen Monika Herbst und ihr Mann Manfred in zweieinhalb Zimmern an der Eisenzahnstraße. 35 Jahre lang haben sie zuvor noch näher am Fehrbelliner Platz gelebt, wo auch ihre beiden Töchter aufgewachsen sind. „Wir hatten dort eine schöne Fünfzimmerwohnung“, sagt Monika Herbst. Der Umzug sei ihnen nicht leichtgefallen. Doch als die Töchter irgendwann das Haus verließen, sei die Wohnung viel zu groß gewesen für nur zwei Personen. Heute fühlen sich die beiden auf ihren 75 Quadratmetern pudelwohl – und genießen den Blick ins Grüne. Monika Herbst mag vor allem die Loggia und den ruhigen Innenhof.
Ein Kiez mit Geschichte
Das Haus, in dem das Ehepaar Herbst wohnt, gehört zu einem Gebäudekomplex, den die Gemeinnützige Heimstättenbaugesellschaft der BVG GmbH vor fast 100 Jahren rund um eines ihrer Betriebsgrundstücke errichten ließ. Der Architekt Jean Krämer entwarf dafür viergeschossige Häuser, die zwischen 1928 und 1930 errichtet wurden. Im Jahr 2015 übernahm die Gesobau Wohnen GmbH & Co. KG den Wohnbestand. Der große BVG Betriebshof Cicerostraße, auf den Monika Herbst von ihrem Balkon aus blickt, ist der älteste Hof der Berliner Verkehrsbetriebe. Bereits 1899 fuhren hier die ersten Straßenbahnen ein und aus. Der Hof wurde 1943 durch Bomben zerstört und 1958 wieder eröffnet. Auf 43 000 Quadratmetern sind dort heute 237 Busse stationiert. Es ist also immer viel los.
Das bunte Treiben im Kiez gefällt Monika Herbst. „Toll ist auch, dass hier alles nah beieinander ist – Geschäfte, Cafés, mein Yogastudio und der Preußenpark.“ Sie stromert gern durch die Gegend und kennt inzwischen fast jeden Winkel. Bei einem Spaziergang zeigt sie uns ihren Kiez.
Station 1: Frisch in den Tag mit Yoga
Wir beginnen unseren Spaziergang im Studio Yogawege an der Mansfelder Straße. Yogalehrerin Christine Marotzke begrüßt uns in einem hellen Raum mit Aussicht. Sie hat das Studio 2016 eingerichtet. „Bei uns gibt es Kurse zum Rückentraining, zum Stressabbau und zur Entspannung, in der Gruppe, aber auch als Einzelunterricht“, sagt Christine Marotzke. Viele ihrer Kurse seien von den gesetzlichen Krankenkassen zertifiziert. Teilnehmer*innen erhalten deshalb zweimal im Jahr von den Kassen einen Zuschuss. Monika Herbst hat den „Ü60“-Kurs gebucht, den Sabine Schneider leitet. „Mir geht es darum, beweglich zu bleiben“, sagt sie. Die Übungen würden ihr sehr dabei helfen. „Ich komme schon viel besser vom Sofa wieder hoch.“ Sabine Schneider nickt. „Im Ü60-Kurs gibt es noch freie Plätze“, sagt sie.
Studio Yogawege Berlin
Mansfelder Straße 46,
10709 Berlin
Tel. 030 57701560
www.yogawege-berlin.de
Station 2: Durch den Theaterfundus stöbern
Wir besuchen ein beeindruckendes Backsteingebäude. Seit den 1950er-Jahren ist hier die „Theaterkunst“ zu Hause, ein riesiger Kostümverleih für Film- und Theaterproduktionen. 1907 an der Oranienburger Straße als Kostümhaus für Theater, Oper und Revue eröffnet, zog der Fundus nach dem Krieg in das Haus an der Eisenzahnstraße um. Er ist normalerweise nicht öffentlich zugänglich, für unseren Spaziergang dürfen wir uns ausnahmsweise hier umsehen. Der riesige Fundus sei nach Epochen geordnet, erklärt Mitarbeiterin Manja Raßmus. Von 1900 geht es auf Zeitreise bis in die Gegenwart.
Fast alle namhaften Schauspieler*innen haben schon einmal Kostüme getragen, die hier ausgeliehen oder angefertigt worden sind: Marlene Dietrich, Romy Schneider, Iris Berben, Lars Eidinger und Henry Hübchen. Filme wie „Das weiße Band“, „Toni Erdmann“ oder „Das Leben der Anderen“ hat die „Theaterkunst“ ausgestattet, ebenso Serien wie „Babylon Berlin“, „Ku’damm 56“ und „Dark“. „Hier in Berlin haben wir zehn Millionen Kostümgegenstände auf Lager“, sagt Manja Raßmus. „Kleidungsstücke vor allem, aber auch dazu passende Hüte, Schuhe, Taschen und Schmuckstücke.“ 25 Mitarbeiter*innen kümmern sich um die Sachen, beraten Kostümbildner*innen bei der Auswahl, schneidern, sortieren und pflegen jedes einzelne Stück.
Theaterkunst GmbH
Eisenzahnstraße 43-44, 10709 Berlin
Tel. 030 8647270
https://theaterkunst.de/
Station 3: Auf ein Eis im Yalda Eiscafé
Nach den ersten beiden Stationen benötigen wir eine kurze Verschnaufpause. Monika Herbst kennt dafür den perfekten Ort: „Yalda“, ein kleines Café an der Cicerostraße. Amir Sarvar, der das Café vor einem Jahr übernommen hat, bietet selbstgemachte Waffeln, Kuchen, Eis, persische Sandwiches und Suppen an. Er erzählt, dass „Yalda“ im Iran die längste Nacht des Jahres bezeichne und dort auch ein beliebter Mädchenname sei. Wir setzen uns ans Fenster und schauen in den kleinen Vorgarten, der bei schönem Wetter rappelvoll sei, wie Monika Herbst erzählt. Auch die nahe gelegene Hochmeisterkirche ist von hier aus gut zu sehen.
Yalda Eiscafé
Cicerostraße 49, 10709 Berlin
Öffnungszeiten: Mo bis So, 11–18 Uhr
www.yalda-eiscafe.de
Station 4: Entspanntes Shoppen bei Lilli & Paul
Auf dem Weg zur vorletzten Station des Tages kommen wir an der alten Wohnung von Monika Herbst vorbei. „Ich gehe hier immer noch gern spazieren“, sagt sie. Vor Kurzem wurde ihr zweiter Enkelsohn geboren. Ein Grund mehr, bei „Lilli & Paul“, einem Secondhandladen für Kindersachen, zu stöbern. Inhaberin Claudia Witkowski hat ihr Geschäft vor 20 Jahren eröffnet. „Kindersachen sind immer gefragt“, lacht sie.
Dass ihr Laden inzwischen sogar deutschlandweit bekannt ist, hängt mit einem Spezialangebot für Transpersonen zusammen. „Wir sind eines der wenigen Geschäfte in Deutschland, die Binder anbieten“, sagt Claudia Witkowski. Binder, das ist eine Art Sport-BH, der eng am Körper anliegt und die Brust kaschiert. „Finn’s“ heißt die Transgenderabteilung in ihrem Laden – benannt nach ihrem Sohn, der ebenfalls transgender ist. Monika Herbst freut sich, Finn heute kennenzulernen.
Secondhandladen Lilli & Paul
Wegenerstraße 18, 10713 Berlin
Öffnungszeiten: Mo bis Fr 12–18 Uhr, Sa 10–14 Uhr
www.lilli-und-paul.de
Station 5: Spazieren im Preußenpark
Wir schlendern zuletzt in Richtung Preußenpark, der für Monika Herbst das Verbindungsstück zwischen ihrem alten und neuen Kiez darstellt. Hier hätten ihre Töchter damals laufen gelernt, erinnert sie sich voller Freude. Der etwa 55.000 Quadratmeter große Park wurde bereits 1905 angelegt. Heute gibt es hier eine große Liegewiese, einen Spielplatz und einen Outdoor-Fitnessbereich für Erwachsene. Seit vielen Jahren erfreut sich der Park auch über die Bezirksgrenzen hinaus großer Beliebtheit: Von April bis Oktober lockt ein Streetfood-Markt mit authentischem thailändischen Essen sowie Workshops und Veranstaltungen. „Im Sommer ist hier richtig was los“, schmunzelt Monika Herbst.
Preußenpark
Brandenburgische Straße, 10707 Berlin
Bilder: Katrin Streicher; Text: Regina Köhler