Kiezspaziergang Die Brückenbauerin
Maike Janssen ist Stadtteilkoordinatorin in Gesundbrunnen. Sie vernetzt Bewohner*innen. Uns zeigt sie die schönsten Seiten des Kiezes.
Es ist ein bisschen wie auf dem Dorf, wenn Maike Janssen im Gesundbrunnen-Kiez unterwegs ist. Sie wird oft gegrüßt, bleibt stehen und plaudert ein wenig. Die Leute kennen sie hier seit Jahren. Und Janssen kennt ihren Kiez. Sie weiß, wo es guten Kaffee gibt oder eine Bank im Grünen und natürlich auch, wo welche sozialen Projekte zu finden sind – etwa das Lotsenprojekt „die brücke“. Hier unterstützen selbst Zugewanderte andere Zugewanderte bei Fragen rund um Arbeit, Familie oder Wohnen.
Maike Janssen ist Stadtteilkoordinatorin. Es ist ihre Aufgabe, den Kiez genau im Auge zu behalten, herauszufinden, welche Sorgen, Probleme, Wünsche und Bedürfnisse die Bewohner*innen haben. Sie sei eine Vermittlerin zwischen dem zuständigen Bezirksamt Mitte und den Menschen im Quartier, beschreibt die Soziologin ihren Job.
„Das Schöne an meiner Arbeit ist, dass ich Bewohner*innen auf vielfältige Art und Weise behilflich sein kann“, sagt sie. Gerade gehe es zum Beispiel darum, in der NachbarschaftsEtage in der Osloer Straße 12 eine Sprechstunde für ältere Menschen einzurichten. „Ich erlebe immer wieder, dass jemand von seinen Kindern oder Enkeln ein Smartphone geschenkt bekommt und gar nicht weiß, wie man Nachrichten verschickt.“ Solche Probleme lassen sich dann leicht aus der Welt schaffen.
Bibliothek mit besonderem Ambiente
Es ist ein sonniger Januartag, an dem wir uns zu unserem Spaziergang treffen. Maike Janssen hatte vorgeschlagen, ein Stück an der Panke entlangzugehen. Sie mag die Ruhe hier, das Ländliche, den Gegensatz zum trubeligen Kiez. Hier könne man auch einiges über die Geschichte der Gegend erfahren, sagt sie und führt uns zu der Bibliothek, die heute im Luisenbad an der Travemünder Straße untergebracht ist. Hier gab es einst eine Heilquelle – deshalb heißt der Ortsteil „Gesundbrunnen“. Vor fast 150 Jahren gründete dort der Unternehmer Ernst Gustav Otto Oscholinski einen prächtigen Amüsierbetrieb mit Schwimmbad, Theater und Restaurant. Einige Gebäude sind bis heute erhalten. Anfang der 1990er-Jahre wurden sie saniert, 1995 zog die Bibliothek ein.
Maike Janssen gefällt, wie die Architekten beim Umbau die alten und modernen Gebäude geschickt miteinander kombiniert haben. An diesem Vormittag hat sie sich mit Bibliothekarin Irene Müller verabredet. Die führt uns durch das Haus. „Wir haben Bücher und andere Medien für die ganze Familie“, sagt Müller. „Rund 800 Besucher*innen kommen täglich hierher und nutzen unsere Angebote.“ Vom Lesesaal aus hat man einen schönen Blick auf eine große Wiese, auf der im Sommer Tische und Stühle für die Besucher*innen stehen. Entlang einer Ziegelmauer, die den Garten begrenzt, wachsen Efeu und Stauden. Kiezbewohnerin Maria Meyer pflegt diese Anlage. Das hat sie Maike Janssen zu verdanken, die die 71-Jährige vor fünf Jahren mit den Mitarbeiter*innen der Bibliothek bekannt gemacht hatte. Seitdem ist Maria Meyer dort ehrenamtlich tätig.
Bibliothek am Luisenbad
Badstraße 39, 13357 Berlin
geöffnet: Mo bis Fr 10–19:30 Uhr,
Sa 12–14 Uhr
Tel. 030 9018 45610
www.berlin.de/stadtbibliothek-mitte/bibliotheken/bibliothek-am-luisenbad
Rosa Parks Spuren in Berlin
Etwas weiter die Panke entlang, in der Soldiner Straße 32, essen wir im „Rosa Parks Café“ zu Mittag. Auf der Tageskarte stehen Zucchini-Feta-Puffer mit Zaziki und Blattsalat. Dazu trinken wir Tee von frischer Minze. Inhaberin Maxi Weichert erzählt, dass sie ihr Café im August 2017 eröffnete. Gleich um die Ecke, in der Wriezener Straße 19, hatte im Frühjahr 2017 der amerikanischer Künstler Ryan Mendoza das originale Holzhaus der 2005 verstorbenen schwarzen Bürgerrechtlerin Rosa Parks wieder aufgebaut. Die Amerikanerin hatte 1955 den Anfang vom Ende der Rassentrennung in den USA eingeläutet. Ihr Haus stand in Detroit und sollte abgerissen werden. Mendoza kaufte das Haus, baute es auseinander und transportierte die Einzelteile per Schiff nach Berlin. Seit 2018 befindet sich das Haus wieder in den USA. „Das Projekt brachte mich auf den Namen für mein Café“, erzählt Maxi Weichert. Sie hat viele Stammkund*innen. Der Name dieser mutigen Frau locke auch Tourist*innen, sagt sie. Alle lieben die fantasievollen Angebote auf der täglich wechselnden Speisekarte, aber auch die süßen Leckereien wie French Toast mit Blaubeer-Mascarponecreme.
Rosa Parks Café
Soldiner Straße 32, 13359 Berlin
geöffnet: Mi 12-18:30 Uhr,
Do-So 11–18:30 Uhr
www.instagram.com/rosaparkscafe
Nun will uns Maike Janssen noch bei den Mitarbeiter*innen des Quartiersmanagements Soldiner Straße vorbeischauen, mit denen sie seit Jahren zusammenarbeitet. Im Büro an der Koloniestraße begrüßen uns Sarah Manz und Nadin Schmolke. „Wir sind an den Wochentagen zwischen 10 und 16 Uhr für alle und alles ansprechbar“, sagt Manz.
Gemeinsam mit den Anwohner*innen organisieren sie Berufsmessen für Schüler*innen oder Diskussionsabende zur Zukunft des Kiezes. „Wir haben auch Geld für nachbarschaftliche Projekte“, erzählt Manz. „Kiezbewohner*innen können bei uns finanzielle Unterstützung für ihre Ideen beantragen.“ Eine ältere Dame möchte zum Beispiel einen Nähkurs anbieten, ein Ehepaar in seinem Garten ein Sommerkino einrichten.
Kleine und große Abenteuer an der Panke
Zum Schluss zeigt uns die Stadtteilkoordinatorin den Abenteuerspielplatz Panke nahe des S-Bahnhofes Wollankstraße. Hier können Kinder Holzhütten bauen, gärtnern und im Sommer sogar Honig schleudern. Es gibt auch einen kleinen Gemüsegarten. Den haben die beiden Sozialarbeiter*innen, die den Platz betreuen, mit den Kindern angelegt. Außer freudigen Kindern hört man fast nichts. Die Stadt scheint hier weit weg. „Manche denken, der Gesundbrunnen-Kiez sei ein graues Häusermeer“, sagt Maike Janssen. „Doch das stimmt überhaupt nicht.“
Abenteuerspielplatz Panke
Wilhelm-Kuhr-Straße 49, 13359 Berlin
geöffnet: Mo bis Fr 13–18 Uhr,
Tel. 030 494 4319
www.asp-panke.de
Text: Regina Köhler / Fotos: Patricia Haas